Blog von Daniela Kanoun
Das Tal der Tränen - ein entscheidender Augenblick

Arbeiten Sie seit einem Jahr in einem neuen Unternehmen und Sie kennen Ihre KollegInnen noch nicht? Es ist zwar nicht beruhigend, aber glauben Sie mir, Sie sind mit dieser Tatsache nicht alleine.
Erst kürzlich bei einem Präsenzworkshop hatte ich folgendes Bild in meinem Kopf. Alle TeilnehmerInnen - ein in der Corona Zeit gegründetes Team - kamen aus ihren Hütten im Wald wieder zurück in die Zivilisation. Die „Jungen“, die in den letzten 12 Monaten „geboren“ wurden, sahen zum ersten Mal ihre Herde. Ein krasses Bild - ich weiß.
Dabei legt diese Firma wert auf ein Miteinander. Persönliche Beziehungen werden hier groß geschrieben und sie können auch gut feiern. Vor Corona. Diese Basis war vorhanden und das hat sie gerettet. Trotzdem musste sozialer Austausch wieder „geübt“ werden und jeder war am Abend erschöpft, von der Menge an sozialen Kontakten. Die Neuen hatten in den letzten 12 Monaten ein eigenes Bild von der Firma und des Teams gebildet und das war nicht unbedingt dieWirklichkeit. Sie wussten nicht, wie das Big Picture funktioniert, die anderen KollegInnen übrigens auch noch nicht. Nun waren diese neuen KollegInnen kommunikativ, gewohnt alleine zu arbeiten, offen und wissbegierig. Ich frage mich, was passiert mit den vielen Anderen, die von Beziehungen leben und erst langsam in eine Gemeinschaft eintauchen.
In Zeiten von Corona ist ein empathisches Leadership gefragter den je. Wenn Sie neu in einer Firma sind, dann suchen Sie den Austausch. Vielleicht können Sie sich persönlich zu einem Walk& Talk treffen. Wenn man das Gesicht zum Namen hat, dann ist vieles leichter. Bemühen Sie sich proaktiv, das Sie einen gutes Bild der Firma bekommen.
An alle Führungskräfte da draußen: Bitte kümmern Sie sich besonders um die „Jungen“.
Seit ich Menschen bei Veränderungen begleite, habe ich keinen intensiveren Moment in diesem Prozess erlebt, als der, wenn sie im Tal der Tränen sind. Es ist dieser entscheidende Augenblick, wenn sie nach langem (inneren) Kampf feststellen, dass keine Flucht, kein Schönreden und kein Leugnen der Situation mehr möglich ist. Es ist dieser magische Moment, wenn man im "Jetzt" landet und seine augenblickliche Situation realisiert und das Wichtigste: annimmt! Das Gesicht und die Körpersprache entspannt sich und Betroffenheit entsteht oder echte Trauer. Alles wird einem jetzt bewusst. Das ist für den Betroffenen oftmals kein schöner Moment. Es ist hart, der Wahrheit ins Auge zu blicken. Dennoch ist er ein wichtiger Hebel, um weiter zu kommen. Nach einer entsprechenden Trauerzeit entsteht langsam eine neue Energie. Mit einem neuen ICH beginnt man sich einer neuen Perspektive im Leben anzunähern.
Plötzlich entsteht eine neue Energie und Lust auf anderes Leben. Kraftvoll und inspiriert geht man auf einen neuen Abschnitt zu. Wer das einmal erlebt hat, der weiß, dass die größten Schicksale im Leben, trotzdem einen Sinn haben: sich neu zu erfinden oder eine neue Qualität im Leben zu gewinnen.
Es macht einen stark und mutig zu wissen der Pilot seinen Glücks zu sein und fliegen zu können.